In Sachen Wein bin ich mittlerweile viel rumgekommen. Dass es in Kanada erwähnenswerte Weine gibt – wenn überhaupt – ist mir bisher allerdings zugegebenermaßen sträflich entgangen. Gut, dass die Reise nach Ontario eine kulinarische ist: Weingüter in Prince Edward County und Niagara-on-the-Lake stehen auf dem Programm. Ich sitze im Zug nach Toronto – Prince Edward County liegt (leider!) schon hinter mir. Nur einen kurzen Blick konnte ich erhaschen auf die spannenden Dinge, die sich da tun, in dieser noch sehr jungen Wein-Region.
Burgundische Böden aus lockerem Kalk und einer Unterlage aus Lehm, gelegen auf dem gleichen Breitengrad wie Bordeaux, kühle Nächte, heiße Sommertage und das Mikroklima des Lake Ontario: die Bedingungen für elegante, charaktervolle Weine sind optimal, wenn auch nicht einfach zu handhaben. Die Winter sind mit bis zu -30° so kalt, dass die Rebstöcke hier richtig gehend eingegraben werden müssen – sonst ist nicht mit Trieben im nächsten Jahr zu rechnen. Die entsprechenden Vor- und Nachbereitungen nehmen zu Anfang und Beginn der Saison je einen Monat der Reifezeit der Trauben, die alle noch recht jungen Weingüter arrangieren sich aber damit.
Es fällt auf, dass genauso wie in der Landwirtschaft in Prince Edward County viele Quereinsteiger aus Leidenschaft zum Weinbau gekommen sind. Städter, die die Rückbesinnung zur Natur, zum einfacheren Leben suchen – und etwas machen wollen, mit dem Boden dieses schönen Fleckchens Erde. Vor allem im Westen des County sitzen die Weingüter, die mit 25-60 Hektar in Relation zu den Dimensionen hier in Kanada als relativ klein zu bemessen sind. Tastings für Touristen, schöne Showrooms und idyllische Sonnenterrassen: der Entertainmentfaktor ist hier überall gegeben.
Hauptrebsorten im County sind Chardonnay und Pinot Noir: ganz Burgunder-Like. Für ein umfassendes Bild haben wir zu wenig verkostet – die Tendenzen sind aber durchaus vielversprechend. Bei Rosehall Run in Wellington zum Beispiel probieren wir einen schönen Sekt nach traditioneller Methode, 100% Chardonnay mit viel Frische, spitzer Säure und angenehm zurückhaltender Frucht. Auch der Basis-Chardonnay ohne Holz und der Pinot Noir 2013 sind wirklich fein, nur im Flagschiff Chardonnay ist mir das Holz zu präsent.
Bei Karlo Estates in Wellington befinden wir uns im anscheinend ersten rein veganen Weingut der Welt – nicht nur der Wein, auch alle Einrichtungen, Food Pairings und sonstigen möglichen Dinge hier sind vegan, und das aus Überzeugung. Die Weine sind gut, der Pinot Gris sehr ausbalanciert, und der Port Style aus Gewürztraminer und Frontenac wirklich toll.
Das Wein-Highlight und den dazugehörigen Charakterkopf begegnet uns im Osten des County. Die Lighthall Vineyards in Milford sind in dieser Region eines der wenigen Weingüter und kaufen im Gegensatz zu vielen im Westen aus Prinzip kein Rebgut aus Niagara-on-the-Lake zu. Die naturbelassenen Weine des sehr kleinen Sortiments sind außergewöhnlich und frisch, nicht gerade gebügelt und mit angenehmen kleinen Ecken und Kanten.
Zwei Sparklings sind die Flagschiffe von Glen, der eigentlich Pharmazeut war, bevor er bei der Gelegenheit das Weingut zu übernehmen einfach nicht nein sagen konnte. Der Chardonnay nach traditioneller Methode ist fein-hefig, dezent nussig und mit feinem Mousseaux, die Säure ist präsent aber nicht zu spitz. Den Umstand, dass der bestimmt hervorragende Pinot Noir leider schon ausgetrunken war, ist über alle Maßen schade – motiviert aber zu einem weiteren Besuch.
Hinweis: Die Reise erfolgte auf Einladung von Ontario Tourism. Auf Veröffentlichung oder Inhalt der Artikel wurde kein Einfluss genommen.