Das Atlanta Hotel in Bangkok, Sukhumvit Soi 2: Das Tor in die 50er Jahre
Man geht drei Stufen hinunter, durch die dunkle schwere Schwingtür des Atlanta Hotels am Ende der Sukhumvit Soi 2, und landet in einer anderen Welt. Einem alten Film, einem Roman vielleicht. Das Licht ist gedämpft, die alten Ledersessel und Teakholz-Möbel saugen einen auf, eine Katze kommt aus dem Garten herein und beäugt, wer da in ihr Refugium spaziert. Ein bisschen wie Alice im Art-Deco-Wunderland, nur dass man hier nicht im Irrgarten, sondern im Bangkok der ausländischen Literaten und Botschafter ab dem Jahr 1952 ankommt.
Das Atlanta Hotel: uniquely different
„Uniquely different“ nennt sich das Atlanta Hotel selbst, und das ist es wirklich. Ein Ort, der nichts mit den modernen, luxuriösen Hotels in Bangkok zu tun hat, die man so günstig buchen kann – und auch nichts mit den günstigen Hostels und zwielichtigen Absteigen.
Das hier ist ein Ort, an dem das Wall Street Journal gelesen wird, dazu einen Topf Kaffee aus der alten Silber Kanne, einfache Eggs Benedict und frisch gepresster Ananas Saft mit gediegener Gelassenheit an den Tisch kommen und danach am Counter bar bezahlt wird.
Die Ventilatoren in der Lobby und im Restaurant machen ihre eigene Musik, dazu spielt leise ein Klavier vom Band. Alte Fotografien und Bücher lassen genauso wie die alte Leder-Sitzbank erahnen, wie viel Geschichte hier schon geschrieben wurde. Wie viele Reisende und Erkundende, wie viele Persönlichkeiten und Suchende, wie viele Individualisten und Autoren hier schon in den Genuss von verschlingender Ruhe und Papayasalat gekommen sind.
Das Atlanta Hotel und seine Gäste
Am Pool (24 Stunden geöffnet, „first Hotel pool in Thailand“) liegen und den Wassersprenkler zuhören. Das hier ist eine Oase mitten in der Stadt, die sonst immer und überall laut und bunt ist. Eine ganz spezielle Magie liegt über dem Atlanta, man versteht sich, man kennt sich. Man interessiert sich füreinander, aber lässt sich auch seiner Wege gehen. Immer muss ich an einen Agatha Christie Krimi denken, wenn mir hier jemand begegnet mit einem zerfledderten Buch in der Hand, Ledersandalen und englischem Akzent, der mir von seinen Weltreisen und Nil-Kreuzfahrten erzählt. „My Husband and I, we visit the Atlanta every year for about 6 weeks, and see, where else it takes us.” Oder dieser Weinhändler aus Belgien, der immer nur bis zur Street Food Küche 100m weiter geht um genau diese meat balls zu essen, oder der Reise-Journalist, der ganz Asien wie seine Westentasche kennt und eigentlich mal Michelin-Inspektor war.
Hier ist es nicht chic, im Gegenteil. Old school und mit abgenutzten Ecken. Und gerade deswegen so charmant. So wie „hip“ in den 50ern wahrscheinlich gewesen wäre. Der eiskalte lime juice kommt an den Pool, die Blüten fallen vom Baum und die Orchideen wachsen aus den Bäumen. Die Lampen sind schon immer hier und dass in diesen Teakholz-Stühlen Bücher geschrieben wurden und werden ist mehr als einleuchtend.
Zimmer und Buchung
Die Zimmer sind sehr schlicht, um nicht zu sagen einfach. Es ist sauber, und wer ein wenig mehr Platz und Komfort schätzt, der bucht eine der Kategorien in den ersten zwei Stockwerken. Weiter nach oben hinaus werden die Zimmer kleiner und noch einfacher. Das muss man mögen, und auch wissen, dass es Gründe gibt, warum der Stopsel in der Badewanne wirklich immer drin bleiben sollte, wenn man nicht gerade duscht… außer man möchte sich nachts mit Tierchen beschäftigen, die es hier in der Stadt eben gibt.
Ausgewählt wird das Zimmer über die Website des Atlanta, auch die Anfrage zur Reservierung erfolgt hier. Nicht wundern: hier nächtigen 90% Stammgäste, die allermeisten kommen auf Empfehlung von anderen Gästen. Die Reservierung erfolgt dann auf Vertrauensbasis und ohne Vorauszahlung. Alle Daten sind bei Ankunft feinsäuberlich vermerkt, handschriftlich versteht sich.
Danke Theresa, dass du mir diesen wunderbaren Ort vor einigen Jahren empfohlen hast!
Das Atlanta hat einen ganzen Katalog an Dingen, die hier NICHT erlaubt sind. Klingt stressig, macht es aber zu einem sehr entspannten Ort, wenn man mal „drin“ ist.
Sex-Tourists not welcome. Keine Drogen, keine Besucher. Kinder bitte unter Kontrolle halten und “zero tolernance for trouble makers“. Und in der Tat, wer den ganzen Tag in der lauten, vollen, heißen Stadt mit diesen vielen bunten Eindrücken unterwegs war, der schätzt die Stille am Pool (auch nachts) und die entspannte Atmosphäre in der Lobby sehr.
Wer aufmerksam „Die Schlange“ gesehen hat, war übrigens genau hier, in der Zeit und in der Lobby des Atlanta. Eine von vielen Gelegenheiten, zu denen das Hotel als Dreh-Kulisse diente (nicht als Ort des Geschehens). (z.B. Mitte der ersten Folge, Meeting der Diplomaten in einer Hotel Lobby).
Essen & Drinks im Atlanta Hotel
Grundsätzlich komme ich nicht nach Bangkok, um im Hotel zu essen. Abgesehen vom schlichten, recht englisch gehaltenen Frühstück mit gutem Kaffee und frischen Säften zum etwas zu süßen Toast gibt es hier im Restaurant aber wirklich sehr gutes Thai Food. Und auch ein paar “westliche” Klassiker.
Die Karte ist vegetarisch, und scharf heißt hier scharf. Das Ambiente zwischen American Diner und Nil-Kreuzfahrt ist eine willkommene Ausflucht, wenn man einfach mal nicht in die Stadt möchte, in der eigenen Welt bleiben will, oder noch eine schöne kulinarische Erinnerung braucht, bevor man zum Flughafen fährt.
Lage und Erreichbarkeit
Das Hotel liegt ganz am Ende der Sukhumvit Soi 2 (für Autos hier eine Sackgasse). Vor zur Sukhumvit und damit zur Metro sind es je nach Wetter und Luftfeuchte ca. 10-15 Minuten zu laufen. Zu Fuß gibt es außerdem einen Shortcut auf die 1-02 und damit zum „Fußgänger-Highway“ Richtung Lumpini Park. Ein weiterer Shortcut gegenüber führt direkt auf die Soi 4 und damit Richtung Nana. Taxis, Rides und Co. sind auch hier leicht zu bekommen und insgesamt ist das ein guter Ausgangspunkt für alle möglichen Aktivitäten in Bangkok – oder auch um durchzureisen.
The Atlanta Hotel Bangkok
78 Soi 2, Sukhumvit Road
Klong Toei, Kong Toei
Bangkok 10110, Thailand
Mein letzter Besuch im Atlanta Hotel war im Januar 2020. Der erste im August 2017.
Als ich diesen Artikel veröffentliche (August 2021), ist das Atlanta temporarily closed. Wie in ganz Thailand ist die touristische, wie auch politische Situation schwierig. Man nutzt die Zeit für Renovierungsarbeiten und hofft – wie wir alle – dass Thailand für den (internationalen) Tourismus bald wieder geöffnet sein wird.