Toni Münsterteicher macht das, was eigentlich selbstverständlich ist für einen Wirt, und doch so oft in Vergessenheit geraten ist: Er ist Gastgeber, und das mit Leidenschaft. Einen Fuß in die “Strandhalle” zu setzen genügt, um sich hier wohl zu fühlen, und das liegt gleichermaßen an der Atmosphäre und der Einrichtung wie am freundlichen Empfang.
Februar 2016, acht oder neun Stunden nach der Abfahrt aus dem Süden fahren wir im stockdunklen durch Alleen, erahnen das Meer und die grüne Insel – sehen sie aber (noch) nicht. Wer im besten Sinne verwöhnt ist, meidet Essen an Autobahnraststätten aus natürlichem Reflex. Kein Wunder also, dass der Hunger groß ist, als wir in Binz unser Hotel gefunden und bezogen haben. Nur ein kurzer Weg an der Strandpromenade lang (“kannst du das Meer hören? Da ist es, ich kann’s nur nicht sehen..”), fast bis zum südlichen Rand von Binz – da steht man vor dem Wohnzimmer mit großem Kronleuchter und plüschigen Sofas. In der mit dunklem Holz verzierten Halle sind früher die Strandkörbe aufbewahrt worden, als das Seebad um 1900 begann zu boomen.
Zu sagen das Essen in der Strandhalle sei “wie bei Muttern” – wenigstens vom Gefühl her – stimmt wenigstens in meinem Falle nicht so ganz. Meine Mutter nämlich hat eine Abneigung gegen Dorsch und den gibt es bei Toni Münsterteicher ganz vorzüglich, vielleicht würde der sogar sie bekehren. “Lothars Leibgericht” heißt das in der Strandhalle, mit Kartoffeln und Sahne – einfach zum Reinlegen, nach einem kalten Tag und langem Spaziergang (oder Autofahrt) sowieso. Der selbst geräucherte Stremellachs auf zweierlei Art ist eine völlig andere Welt als die, aus der die meisten Leute den Stremellachs ledrig und trocken eingeschweißt in Folie kennen. Bei mir gibt es außerdem Rügener Badejungen zur Vorspeise – das ist ein lokaler Käse, in diesem Fall angemacht mit Essig, Öl und Himbeere. Die Bouillabaisse am Nebenteller war ebenfalls ganz vorzüglich, genauso wie die Leberwurst von der Rügener Landfleischerei zum Brotkorb.
Toni Münsterteicher hat mitten in seinem Restaurant einen Flambierwagen stehen. Den musste er aufwändig beschaffen, erzählt er uns – die gibt es nämlich kaum mehr. Dabei könnte es für die Atmosphäre, die Gemütlichkeit und den Duft im Lokal kaum zuträglicher sein: Egal ob hier Fleisch flambiert, frische Steinpilze gebraten oder Fisch filetiert werden.
Alles in allem ist die Strandhalle ein Ort, an dem man sich zu Hause fühlt. Wirt, Essen, Atmosphäre und Service greifen Hand in Hand und bieten ein Wohnzimmer in Binz, in dem man sich einfach zurücklehnen, die Zeit vergessen und Leib und Seele etwas Gutes tun kann. Schade, dass ich nicht jeden Sonntag zu Toni zum Essen kommen kann.
Strandhalle Binz
Strandpromenade 5
18609 Binz
Tel: 038393 31564