Meine Reise im September hat mich von Franken über die Pfalz nach Rheinhessen geführt. Immer dem Wein nach, versteht sich. Auch in Rheinhessen war ich bisher noch nicht und habe die Gelegenheit sehr genossen, dort einen ebenso interessanten wie schönen Tag zu verbringen. Und einmal mehr Gesichter, Landschaften und Geschichten hinter dem kennenzulernen, was zu Hause im Glas landet. Tatsächlich habe ich (auch jetzt gerade nach meiner Piemont-Reise, von der es noch viel zu berichten geben wird) immer mehr das Gefühl, dass solcherlei Besuche und Gespräche unglaublich viel mehr zum Verständnis der Typizität eines Weins und einer Region beitragen, als noch so viele verkostete Weine. Katharina an diesem Tag wieder zu treffen und Albrecht kennenzulernen war mir folglich eine besondere Freude, mit ihnen zusammen ihre Weine im Frauenberg zu verkosten und die Aussicht zu genießen nicht minder.
Nicht immer hatte Rheinhessen wohl den allerbesten deutschen Wein-Ruf. Ich finde solche Schubladen persönlich sowieso ziemlich sinnfrei – denn gerade bei Themen, die von so viel Passion für Produkt und Handwerk getragen werden wie der Wein, gibt es immer Ausnahmen, wenn man genauer hinsieht. Dennoch: Rheinhessen stand nicht immer direkt für das deutsche Spitzenwein-Segment. Viele etablierte hervorragende Betriebe wie Wittmann, Keller oder Gunderloch haben da längst ihr übriges gegen die Schublade getan und gerade die vielen jungen Winzer die gefolgt sind (und sicher weiterhin folgen werden) machen Rheinhessen inzwischen zu einer Schublade mit sehr erquickendem Inhalt.
Albrecht Engel aus Flörsheim-Dalsheim hat im Jahr 2012 im Weingut seiner Eltern seine ersten eigenen Weine ausgebaut. Ausgebildet haben ihn seine, wie auf der Website zu lesen ist “großen Vorbilder” Philipp Wittmann, Gerhard und Michael Gutzler sowie Steffen Christmann. Sein “wieder zu Hause ankommen” ist ihm fabelhaft gelungen – seine Weine sind in der Tat frisch, modern und jung, ohne dabei eine traditionelle Handschrift aus den Augen zu verlieren. Seine Scheurebe, Rieslinge und auch der Silvaner machen Spaß und missen trotzdem kein bisschen Ernsthaftigkeit und Anspruch, sind schön geradlinig ausgeprägt und gewinnen trotzdem mit unaufgeregter Raffinesse. Hört man Albrecht so zu, wie er über sich und seine Vorstellung der Weine spricht, könnte bei dieser unkomplizierten Symphathie mit Substanz und Leidenschaft denken, er hätte sich selbst in Flaschen gefüllt. Und einmal mehr schließt sich da der Kreis zwischen den Menschen hinter dem Wein und dem, womit wir am Ende unserem Gaumen schmeicheln dürfen.
Das Vergnügen mit Katharina Wechsler und ihren Weinen aus Westhofen hatte ich schon im letzten Jahr auf der WineVibes in Berlin, umso mehr habe ich mich gefreut sie auch auf meinem Rheinhessen-Ausflug wieder zu treffen – in ihrer ‘Hood’ sozusagen. Das ist also dieses Rheinhessen, in das sie nach Studium, Arbeit und schließlich 11 Jahren in Berlin im Sommer 2009 zurück gekehrt ist. Zurück zu den Wurzeln, etwas machen was Heimat ausdrückt: “Wein, der mich und andere bewegt. Wein mit Charakter, der zeigt, wo er herkommt.”
Wo man Katharina auch trifft oder über sie liest: ihre in der Tat charakterstarken Weine begeistern. Eleganz, die jederzeit salonfähig und weltoffen ist, aber auch zupacken kann – und vor allem Spaß haben und Freude bereiten kann. Aus ihrer Kollektion an Rieslingen, Weiß- & Grauburgunder, Scheurebe und Silvaner ist mein geheimer Favorit ja die aufgeweckte Scheurebe, und ich glaube das geht vielen so. Der Lagen-Riesling Kirchspiel ist da schon deutlich ernster aber natürlich nicht minder erstrebenswert und damit mein Liebling unter ihren Rieslingen. Und der heißeste Tipp zum Thema “Spaß haben” ist sicher das Fräulein Hu, ein Perlwein aus der Huxelrebe, die im Cuvée Party mit Weißburgunder, Riesling und Müller-Thurgau feiert.
Was bleibt zu sagen: Rheinhessen kennenlernen kann ich dringend anraten. Im Glas, im Gespräch und natürlich vor Ort – am besten bei und mit Katharina und Albrecht.