Seit ziemlich genau einem Jahr können sich die Gäste des Esszimmers in der BMW Welt nun schon der Küche von Bobby Bräuer erfreuen. Nach vielen renommierten Stationen im In- und Ausland, in Düsseldorf (Victorian), Berlin (Die Quadriga) und Kitzbühel (Grand Tirolia), hat es den Koch des Jahres 2012 nun wieder zurück nach München verschlagen, wo er nicht nur seine Lehre bei Otto Koch, sondern auch einige Jahre als Küchenchef im Hotel Königshof und als Sous-Chef im Restaurant Aubergine verbracht hat. Nach noch nicht einmal einem Jahr bescherte seine fabelhafte Küche dem Esszimmer den ersten Stern.
Wie sieht ein Esszimmer aus, das zu oberst in einem modern-beeindruckenden blau beleuchteten Glasbau voll mit hoch-motorisierten Autos eingebunden ist? Völlig anders als zu vermuten wäre. In Sachen Atmosphäre ist der Name dieses Kleinods Programm. Ich habe mich vermutlich nirgends bei einem Abendessen jemals so wohl gefühlt wie hier. Außer in meinem eigenen Esszimmer, oder dem von Freunden. Das Esszimmer ist eine Insel der Gemütlichkeit – und die nicht im Sinne von Plüsch oder Tradition. Warmes Licht, ein offener Kamin, unkomplizierte aber elegant gestaltete und gedeckte Tische. Nicht zuletzt: ausnehmend angenehmer und freundlich-kompetenter Service. Das Team schafft den seltenen Spagat zwischen professioneller, fast unsichtbarer Distanz und sympathischer Beratung um Umsorgung. Wenn man gerne mit dem Sommelier ein Pläuschchen hält und sich freut, wenn das nächste Besteck gebracht wird, statt unangenehm von wiederholter Präsenz berührt zu sein, dann ist definitiv alles richtig gemacht. Einfach gesagt: hier herrscht auch im Service Liebe zum Produkt gleichermaßen wie zur Bewirtung von Gästen, das ist unersetzlich und nicht schauspielbar.
Das Essen? Lässt mich schwärmen. Löst erleichterte Ausrufezeichen aus, wo sonst vor Kompontenten-Urwäldern und deplatzierter Deko-Kunst womöglich Fragezeichen vorherrschen. Auf unseren Tellern findet sich perfektionierte Raffinesse im genau richtigen Grad, die nicht imponieren will oder gar muss – es schmeckt einfach sagenhaft gut. Und das stelle ich so heraus, weil man leider zuweilen den Eindruck nicht los wird, dass so manches Restaurant genau das (in meinen Augen Wesentliche) außer Acht lässt: das Produkt und der Geschmack stehen hier im Vordergrund und bekommen den Raum, den sie verdienen. Angenehm wenige Komponenten, die dafür erkennbar und mit erhellender Natürlichkeit ohne Fleisch im Dreieck oder Fisch in Pulverform. Dennoch lässt die Küche keineswegs Innovativität, Modernität oder Raffinesse vermissen – im Gegenteil. Jeder Teller birgt seine kleinen Überraschungen mit und zaubert mehr als nur ein geschmackliches Lächeln auf die Mienen am Tisch.
Die Hauptperson ist hier der Gast. Das Essen ist eine Wonne und strengt nicht an, sondern bezaubert einfach nur; ebenso wie Weinauswahl, Service und Rundum. Das ist Gastronomie, wie sie meiner Meinung nach sein sollte und gedacht ist. Es ist so schön in diesem Esszimmer, da wäre ich glatt eingezogen, auf einem der Sessel vor dem Kamin.
Bayrisches Landhuhn (Auf dem Titelbild und in der Galerie unten)
Gänseleber / Poverade (Mini-Artischocken)
Mein Lieblings-Gang: Eine würzige und dennoch leichte Vorspeise mit Brust, Keule und Haut vom Landhuhn, fein gehobelter Gänseleber und zarten Poveraden. Die drei Komponenten verschmelzen nicht nur optisch, sondern auch zusammen auf einer Gabel perfekt miteinander.
Zander aus dem Salzburger Land
Nussbutter / Spitzkohl
Wie schön, dass der Zander ein ganzes Stück Zander bleiben durfte! Seine Haut aus Spitzkohl hat genau den richtigen Grad an Bissfestigkeit, die Nussbutter bekommt ihren Raum, dominiert aber nicht und der Gaumen hat Platz sich auf die herrliche Fisch-Qualität zu konzentrieren.
Milchkalb³
Bouillongemüse / Meerrettich
Dreierlei vom Milchkalb: Schön wie die Unterschiede in Geschmack und Konsistenz heraus kommen, die Sauce begleitet und unterstreicht, das Boulliongemüse in verschiedenen Formen (insbesondere die Kartoffeln!) bieten an Geschmack und Konsistenz ebenfalls einiges zu entdecken. Herrlich.
Topinambur
Weizengras / Erdmandel
Ich bin nach wie vor verzückt von dieser Dessert-Kombination. Ich habe nie ein so frisches, feinsinnig abgestimmtes und erhellendes Dessert gegessen wie dieses. Der Topinambur in Form von Eis, frittiert und hauchdünn auch roh ist ganz leicht nussig, das Weizengras erfrischend und zitronig. Die Erdmandel bringt ebenso eine subtile Nussigkeit mit, grüner Apfel als Granitée toppt die Kreation. Anders als so manche Zuckerbombe dominiert hier eine angenehm zurückhaltend süße Note, in die viel Frucht mit hinein spielt. Die Kombination harmoniert ganz natürlich, offensichtlich versteht der Patissier viel von “perfect matches” abseits von Nougat, Kirschen und Schokolade. (Dass er auch mit diesem umzugehen weiß, erfahren wir bei den ebenso hübschen wie leckeren petit fours..)
Am Olympiapark 1, 80809 München” directionstext=”” icon=”green” style=”1″ pancontrol=”yes” scalecontrol=”yes” typecontrol=”yes” streetcontrol=”yes” zoom=”15″ zoomcontrol=”yes” draggable=”yes” scrollwheel=”yes” width=”100%” height=”350px” maptype=”roadmap” popup=”yes” center=”” refresh=”no”]
6 Kommentare. Hinterlasse eine Antwort
Das hört sich nicht nur traumhaft an, es ist alles so wie im Text beschrieben. Besser kann man das Menü, die Atmosphäre und die Freundlichkeit aller Beteiligten nicht beschreiben. Wir haben am 19. Februar den Abend genauso erlebt! Die beste Küche Münchens. Unser absolutes Lieblingsrestaurant! Danke Bobby und Team für den himmlischen Abend.
schön dass du das auch so erlebt hast, Margit. Ich kann es auch kaum erwarten, den nächsten schönen Abend dort zu verbringen.. :)
liebe Grüße *annette
Das hört sich traumhaft an und sieht auch so aus! Meine to-eat-in-München-wennichmalwiederdabin-Liste wächst dank Dir kontinuierlich an…
Liebe Grüße!
das freut mich Juliane ;) ich stehe natürlich für alle München-Themen gerne als Begleitung zur Verfügung..
lg *annette
Hi,
danke für den tollen Bericht, das Esszimmer hatte ich vergangenes Jahr für den Silvester-Abend im Auge, wir haben uns dann aber doch für ein anderes Restaurant anders entschieden.
Deine Beschreibung der Gerichte gefällt mir ausgezeichnet, da bekomme ich gleich Hunger! Weißt du ob man im Esszimmer schon lange im Voraus reservieren muss?
Viele Grüße,
Ellen
Hallo Ellen,
reservieren im Voraus ist sicher sehr sinnvoll ja – ich denke jetzt aber nicht, dass dies schon Monate vorher geschehen muss (außer vielleicht an Abenden wie Silvester..)
viele Grüße
*annette