An sich ist ja meinem Gastbeitrag auf Nordost nicht mehr viel hinzuzufügen. Das Lob für Küche, Ambiente, Team und Wein bleibt das selbe und auch meine Vorliebe für die Besuche im Restaurant Der Gesellschaftsraum werden eher mehr als weniger. Trotzdem – noch mehr reden (bzw. schreiben) fällt mir nicht so schwer – und vom Gesellschaftsraum kann man (und ich) ja ohnehin nicht genug bekommen. Gerne also an dieser Stelle etwas ausführlicher und mit ein paar mehr Fotos.
Meine mittlerweile recht zahlreichen Besuche im Gesellschaftsraum haben sich bisher nie nur durch fantastisches Essen ausgezeichnet, oder guten Wein, oder Überraschungen auf dem Teller. Richtig toll wird ein Abend erst, wenn alles passt. Die Einrichtung zum Essen, der Service zu den Gästen und die Karte zu den Köchen.
Auf Nordost habe ich geschrieben, den Dresscode könne man getrost zu Hause lassen – müsse man aber nicht. Genauso ist es im Gesellschaftsraum tollerweise in jeder Hinsicht. Wer den Himbeer-Salbei-Aperitif mag, der wird begeistert sein, wem das Tegernseer Pils lieber ist – auch wunderbar. Wer kein Fleisch, keinen Fisch, oder vielleicht sogar vegan isst, wird hier nicht mit Beilagen vertröstet sondern hat zum Beispiel selbstgemachten Seitan auf dem Teller. (Das kann ich leider nicht weiter ausführen, weil ich mich doch lieber auf Fleisch und Fisch verlasse – trotzdem, meine vegetarische Begleitung ist stets begeistert ob des selbstgemachten Seitans oder der Ricotta-Ravioli). Und wer eben in Jeans und Sneakers seinen schönen Abend verbringt ist genauso gut aufgehoben wie die Damen im kleinen Schwarzen.
Vielleicht noch wichtiger (und sicher auch nicht völlig undiskutiert) ist aber die Karte im Gesellschaftsraum. Ein wenig Experimentierfreude darf es schon sein, oder wenigstens Offenheit für Kreationen und Kombinationen. Wer sich auf keine neuen Geschmäcker einlassen will mag hier nicht richtig aufgehoben sein, kommt vermutlich aber auch gar nicht her – was meiner Meinung nach ein großer Fehler ist. Denn aus der kleinen Küche in der Augustenstraße kommt handwerklich erstklassige gehobene Küche. Was sich spektakulär anhört und ebenso aussieht schmeckt auch so, anders als man das leider an manch anderer Stelle findet, wo man meint mit Showeffekten mangelndes Können kaschieren zu können.
Hier jedenfalls kann man sich voller Begeisterung für Augen und Gaumen der Essenz aus dem Espressokocher widmen oder sich vom wortwörtlich elektrisierenden Kürbiskern-Schoko-Mousse auf der Dessertwolke tragen lassen.
Aber von vorn:
Zum Aperitif an der Bar gab es Bouvet Ladubay Crémant Rosé – wer die Tröpfchen aus dem Hause Bouvet noch nicht kennt, sollte das sowieso schleunigst nachholen – es kommen fantastische Weine von der Loire, wer braucht da schon Champagner?
Mit der Speisekarte kommen neben italienischem Olivenöl und (mit Pfifferlingen?!) aromatisiertes Meersalz zu den selbstgebackenen Semmelchen mit Rosmarin, Rosinen und (mag möge es mir mein löchriges Gedächtnis verzeihen..) weiteren Zutaten.
Bei der Karte habe ich mittlerweile weder mehr den Anspruch mir alles zu merken was drauf steht, noch mich ernsthaft entscheiden zu können. Nach kurzer Beratung vom kompetenten Service weiß ich aber, dass ich gerne das Tramezzinilamm mit Vanillejakob zur Vorspeise hätte (was ein hübscher Name!) und bitte einen Riesling dazu.
Meine Begleitung ist ohne Alkohol unterwegs, daher greife ich heute auf die Auswahl an wirklich sehr guten offenen Weinen zurück. Die Weinkarte birgt neben dem Bouvet auch so manches deutsche Schätzchen, z.B. von der Mosel – mehr braucht es ja kaum noch zum glücklich sein.
Der Zwischengang ist von der Optik ebenso toll wie vom Geschmack – Scholle und Ente ergänzen sich perfekt und machen Lust auf das folgende Sorbet. Kühles Kombucha mit einer Spritze Vodka und ein bisschen Ahoi Brause dazu machen den Gaumen wieder empfänglich für neue Geschmäcker (auch wenn das zunächst vielleicht ein bisschen paradox klingt, ist aber so.) Und der fulminante Hauptgang mit Pulposchaschlik und Iberico schmecken so gut, dass ich den Laden am liebsten nie wieder verlassen würde. So positiv gestimmt gebe ich sogar dem Seitan vom Nachbarteller eine Chance und bin richtig positiv überrascht von meinem ersten Seitan-Versuch. Trotzdem – verliebt habe ich mich in den Pulpospieß.
An dieser Stelle sei mir abermals verziehen – die Fotos von Hauptgang und Dessert (nicht vorhanden) haben unter den Lichtverhältnissen etwas haben. Aber diese wunderbaren Werke wollte ich wirklich nicht mit Blitzlicht verschrecken – und die anderen Gäste schon gar nicht. Auch der Eiswein zum Dessert ist nicht vor die Linse gekommen – aber dem wäre ohnehin kein Foto gerecht geworden.
Und auch hier kann ich mich nur wiederholen: Schon beim Dessert mit Tonka, Kürbiskern und elektrisierendem Bitzeln auf meiner Zunge weiß ich sicher: für so ein Gaumenfeuerwerk muss ich zurückkommen in den Gesellschaftsraum. Und für so einen schönen Abend sowieso.
alle Bilder in der Lightbox: