Ob ich wirklich 6 Tage in Hanoi bleiben will haben mich die Leute gefragt, als hätte ich nicht alle Tassen im Schrank. Vielleicht hab ich die ja wirklich nicht – aber am dritten Tag in Hanoi will ich hier eigentlich nicht so schnell wieder weg, auch nicht nach 6 Tagen. So viel gäbe es hier zu entdecken, so viel Zeit bräuchte man, um diese wunderliche Stadt zu verstehen.
Ich denke die Definition von “Reisen” ist schlicht nicht für jedermann gleich. Wo der eine die Sehenswürdigkeitenliste von A bis Z abklappert sitze ich lieber den ganzen Tag im Café und lasse die vibrierende Atmosphäre auf mich wirken. Hier, im bekannten Cafe Phố Cổ (das lange nicht so schwer zu finden ist, wie der schlaue Marketingmythos behauptet) sitzt man ein paar Stockwerke oberhalb des Chaos, hat Blick auf den See und hört das permanente Gehupe auf den Strassen als ein angenehmes Grundrauschen. Nachts ist es fast Mucksmäuschenstill. Mein Hotel liegt in der Schmiedestraße – entsprechend gestaltet sich der Lärmpegel. Als ich gestern Nacht um kurz vor 12 nach Hause gelaufen bin (nach ein paar herrlich erfrischenden und ziemlich leichten Bieren auf der Straße für je 30cent) war es fast einsam. Der Unterschied ist so himmelweit, dass man die Straße im Tag-Nacht-Vergleich eigentlich nicht wiederkennen kann.
Ab dem frühen Morgen vibriert das Old Quarter mit Leben – denn abgesehen vom gewöhnungsbedürftigen aber ungefährlichen Verkehr spielt sich praktisch alles direkt vor der Tür ab – und dankenswerterweise hat augenscheinlich vieles mit Essen zu tun. Zwischen den unzähligen Rollern flitzen die Hühner knapp an ihren zukünftigen Kochstellen vorbei, Obst und Blumen finden genauso wie allerlei anderer nützlicher und notwendiger Dinge ihren Weg auf Fahrrädern, Rollern oder auf Tragegestellen über der Schulter ihren Weg zu den Interessenten.
Was habe ich also getrieben die ersten Tage in Hanoi? Gegessen. Fotografiert. Die Atmosphäre auf mich wirken lassen. In meinem Homestay ganz unglaublich gastfreundliche Menschen kennengelernt (und dort mit der Familie das bisher beste Abendessen genossen). Den Markt besucht, den Temple of Literature angesehen, um den See gewandert. Ho Chi Minh und sein Mausoleum müssen noch ein bisschen auf mich warten, die frühen Öffnungszeiten und langen Schlangen haben es mir momentan noch nicht so angetan, da sitze ich hier lieber in der Sonne und trinke den berüchtigten Kaffee mit geschlagenem Ei.
Ach ja, da waren dann noch die besten Reispfannkuchen meines Lebens (frisch gebacken wie Crepes), gefüllt mit Schweinehack, dazu Koriander, Nüsse, Röstzwiebeln. Außerdem Schweinefleischpastete (gedämpft und gebraten wenn ich das richtig verstanden habe) in einem wirklich unfassbaren Zimt-Sud. Genau die richtige Balance aus leichter Süße ohne zu kleben, Würze aus der Brühe als Basis, dem Zimt (und vielleicht Sternanis) – aber ganz sanft, geradezu verführerisch. Wahnsinnig gut.
Gibt es in der 14 Hàng Gà.