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Restaurant Kilian Stuba im Kleinwalsertal: Von Emotionen auf dem Teller und dem Kern von gutem Essen

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Restaurant Kilian Stuba im Kleinwalsertal: Von Emotionen auf dem Teller und dem Kern von gutem Essen

Es hat schon geschneit Ende Oktober, die imposanten Bergspitzen im Kleinwalsertal sind gezuckert, auf der Terrasse liegen gut zehn Zentimeter Schnee, in der Lounge des Travel Charme Hotel Ifen brennt der Kamin. Der Anlass des Besuchs ist so angenehm wie die Umgebung: im mit einem Michelin Stern ausgezeichneten Restaurant Kilian Stuba dürfen am Abend etwa 30 Gäste genießen, was Küchenchef Sascha Kemmerer und sein Gast Kai Schneller (Küchenchef im Restaurant Silberdistel, Hotel Sonnenalp, ebenfalls 1* Michelin) zaubern.

Sascha Kemmerer, Kai Schneller

Nach seiner Ausbildung im Allgäu und mehreren Stationen in Deutschland (auch im Restaurant Silberdistel), Österreich und Südafrika verschlug es Sascha Kemmerer 2010 zur Wiedereröffnung in das Traditionshaus in Hirschegg, das schon 1978 als erstes Hotel Österreichs einen Michelin-Stern trug. Die Kilian Stuba erhält den Stern schon zwei Jahre nach der Eröffnung wieder, dazu kommen 16 Punkte und 2 Hauben im Gault Millau Österreich.

Nach meinem Interview mit den beiden Sterneköchen am Nachmittag bin ich ziemlich sicher, was mich erwarten wird – und diese Erwartung sollte sich nicht nur bestätigen, sondern sogar übertreffen: Herrlich unaufgeregte, perfekte Küche ohne Verrenkungen, die keineswegs an Raffinesse einbüßt. Sensibles Verständnis für Produktqualität und vor allem und das zu allererst: Verständnis für den Gast. Raum für Genuss, Freude am Essen und Emotionen auf dem Teller.

Lachsforelle, Blumenkohl

Walser Höhenvieh „gepökelt“ – Urkarotte, Ländle Sauerrahm, Imperial Kaviar, Micro Blutampfer (Kai Schneller) | Heimertinger Lachforelle „confiert“ – Kalamansi, Rogenvinaigrette, Blumenkohl (Sascha Kemmerer)
*Ruinart Rosé

Das klassisch abgeschmeckte Tatar lässt die hervorragende Fleischqualität wunderbar zur Geltung kommen (das Walser Höhenvieh scheint eine Erforschung in Form größerer Fleisch-Mengen absolut wert), der feine Sauerrahm und die kräftig-erdige Urkarotte lösen die pure Würzigkeit schön auf. Der Imperial Kaviar fügt sich ins Geschmacksbild, als hätte er schon immer zum Rind gehört und schlägt mit seiner Textur noch dazu die Brücke zum zweiten Amuse. Die schmeichelnde Cremigkeit vom Blumenkohl, in der die glasig confierte Lachsforelle gebettet ist, wird vom fein knackenden Rogen und der perlenden Frische des Champagners wunderbar aufgehoben – mehr bräuchte es eigentlich schon gar nicht. Schon am Anfang vielleicht mein Highlight des Menüs.

Steinbutt, Fenchel, Kräuter, Kaminwurzen

Wildfang Steinbutt – Fenchelsalat, Kaminwurzen, grüne Kräutersauce (Kai Schneller)
*2009 Malvasia, Azienda Agricola Zidarich – Friaul

An diesem Wochenende habe ich viele Gespräche geführt, über den Kern von Genuss und gutem Essen und darüber, was eigentlich am Ende bleiben soll von so einem Besuch im Restaurant. Warum geht man Essen? Das Erlebnis, das man sucht, wenn man den heimischen Herd verlässt, ist natürlich vielfältig. Der eine kann oder möchte nicht kochen, der nächste will sich einfach nur kulinarisch verwöhnen lassen – vielleicht will der eine oder andere auch auf dem Teller sehen, was er selbst nie fertig bringen würde.

Richtig gutes Essen, was ist das also eigentlich, gemessen am Genuss – nicht am Effekt? Die beste Produktqualität, perfekte Zubereitung, und Geschmack. Ein Teller, in den man sich reinlegen möchte. Oder noch einen haben. Glücklich sein über den schönen Abend, den man gerade hat. Oder über den besten Fisch, den man je gegessen hat.

Ein paar Stunden später war er da also auf meinem Teller, der beste Steinbutt, den ich je gegessen habe. Pur, perfekt, unprätentiös mit intensiv-grüner Kräutersauce, frischem Fenchelsalat und kleinen Kaminwurzen-Würfeln als Kontrapunkt. Sensationell gut.
Bei aller (auch meiner) Begeisterung für avantgardistische Küchenstile: sowas kommt nicht aus der Mode – und das ist gut so.

Sehr erwähnenswert auch die Auswahl des spontanvergorenen Malvasia aus dem Friaul, der mit seiner fast schon rassen Würze und schmackigen Säure einen Hauch von Verwegenheit beisteuert und die pure Frische von Fisch, Fenchel und Kräutern erstklassig betont.

Wachtel, Trüffel

Dombé Wachtel & Entenleber, Alba Trüffel, Gala royal, legierter Spinat (Sascha Kemmerer)
*2007 Riesling Spiess Ruppertsberger Großes Gewächs, Weingut Dr. Deinhard – Pfalz

Die Frage, warum Sascha Kemmerer gerade Kai Schneller eingeladen hat, an diesem Abend seine Gäste mit ihm gemeinsam zu verwöhnen, ist schnell beantwortet: „Warum ich mir heute so wahnsinnig gern das Menü mit Kai teile, hat einen ganz einfachen Grund: dass unsere Philosophie recht ähnlich ist. Bei mir in der Küche ist es momentan ganz klar so: ich nehme das beste, was ich aus der Region bekommen kann, und dann wird einfach international mit dem Besten aufgestockt. In solchen Menüs fügt das dem Spannungsbogen etwas Ausschlaggebendes hinzu.“

Entenleber, Apfel, Albatrüffel

Beide Restaurants sind in 5-Sterne-Hotels eingebettet – nicht zuletzt der Grund, warum ein Ausleben solcher Produktaffinität überhaupt möglich wird. „Kaviar, Hummer Trüffel – wo soll der Gast solche Produkte in erster Qualität genießen können, wenn nicht bei uns? Wir sind so etwas wie die Pièce de Résistence“, sagt Kai Schneller mit einem Schmunzeln. „Wer leistet sich schon den Aufwand, Gerichte für zwei Personen direkt am Tisch zu servieren, tranchieren oder flambieren“.

Wir kommen also in den Genuss von zweierlei von der Domwachtel aus dem Elsass. Der Schenkel ist als kleine Praline getarnt, die sogar noch besser schmeckt, als sie aussieht: darin hat wohl jemand Trüffel versteckt – außerdem finde ich das Gel aus Gala Royal Äpfeln vom Bodensee einfach sensationell. Das wiederum bildet auch die Verbindung zwischen Entenstopfleber und den hauchdünnen Albatrüffel-Scheibchen auf dem zweiten Teller. In dem fast schon sündigen Turm aus legiertem Spinat, Domwachtelbrust, Entenleber und Trüffel will man am liebsten aufgehen – unschwer vorstellbar.
In Sachen Wein-Food-Pairing war dieser Gang für mich die beste Kombination. Die süße Fruchtigkeit des Rieslings hebt die herbe Leber und schlägt eine erstklassige Brücke zum Apfel. Die Frische und präsente Säure setzt den passenden Kontrast zur relativen Dichte des Gerichts. Großes Kino.

Zander, Rote Bete - Restaurant Kilian Stuba


Ammersee Zander „sous vide gegart“, Rote Bete Risotto, Ziegentopfen, Kakaocrumble (Kai Schneller)
*2009 Mersault Sous la Velle, Domain Rémi Jobard – Burgund

Der erste Hauptgang hat schon wieder so einen besten Fisch parat. Vom „mehr als frischem“ Ammersee-Zander schwärmt Kai Schneller schon am Nachmittag. Er bekommt im Vakuum eine nussbuttrige Begleitung, die ihm offenbar mehr als gut getan hat. Die festen Lamellen bekommen ein Bett aus kräftigem Rote Bete Risotto, dazu Ziegentopfen-Nocken und Kakao-Crumble.

Besonders wichtig, das betonen beide Köche, ist ihnen Nachvollziehbarkeit auf dem Teller. Dass das weder Filigranität noch Kreativität einbüßen lässt, zeigt dieser Gang aufs Beste. Die erdige Rote Bete, der frische-saure Ziegentopfen und der süße Kakao-Crumble verschmelzen zu einem exakt ausgewogenen Ganzen im Mund, dazu kommen das dezente Holz und die feine Säure des Mersault. Das hatte ich so nicht erwartet, wow.

Man müsste eben überlegen, bekomme ich erklärt, was zur eigenen Küche passe und damit auch Sinn mache. Bei allen Trends was Kochtechniken, Plating und Zutaten in der gehobenen Küche angeht: schmecken solle es. Das tat es!

Reh, Hagebutte, Sellerie

Walser Reh, Melange noir, Hagebuttengel, Hefeplanzerl, Allerlei vom Sellerie (Sascha Kemmerer)
*2006 In Signo Leonis, Heribert Bayer – Burgenland

Die besten Dinge erklären sich von selbst, sind authentisch, auf den Punkt und begeistern ohne Worte.

„Wir verkaufen heute Emotionen, wollen Gäste erreichen, berühren und begeistern“,

sagt Sascha Kemmerer – und das gelingt ganz vortrefflich. Sich einfach nur freuen über ein perfektes Stück Fleisch, die sensationelle Jus und ein perfekt harmonierendes Glas Rotwein dazu, was kann man eigentlich schon mehr wollen?

Gesalzene Erdnuss, Mandarine, Koriander

Wachauer Marille „eingeweckt“, Mandelaromen, Joghurtsorbet (Kai Schneller)
*2007 Ruster Ausbruch, Ernst Triebaumer – Burgenland

Gesalzene Erdnuss, Koriander grün & Saat, Karamell (Sascha Kemmerer)
2006 Grande Cuvée Trockenbeerenauslese, Weingut Kracher – Burgenland

Die beiden Desserts bilden den würdigen Abschluss eines fabelhaften Abends. Nicht beschwerend, aber auch nicht zu frisch oder säurehaltig. Dazu durften wir zwei Süßweine aus dem Burgenland entdecken, die allein schon eine Freude waren.

Mein Favorit war – und das ist wahrscheinlich meiner Vorliebe für weniger süße Desserts und vor allem dem Koriander geschuldet – die gesalzene Erdnuss mit Mandarine. Raffiniert, spannend, filigran und trotzdem kein bisschen anstrengend.

Eine Woche später, zu Hause, will ich gern noch mal zurück (..und kann das jedem empfehlen). Unaufgeregter Genuss, ein Rahmen in dem man sich als Gast einfach nur wohlfühlen kann und ein Hotel, das einen mit größtmöglicher Herzlichkeit und Gemütlichkeit empfängt. Ich würde mal meinen, so geht Urlaub.

Danke an das Travel Charme Ifen Hotel und das ganze Team für die Einladung, Gastfreundschaft und das wunderbare Wochenende.

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