Zitrone, grüner Apfel und Tamarinde – die drei Lieblingszutaten von Anton Schmaus sind nicht gerade die, die man in Regensburg verorten würde. Umso besser. Wenn sich die Aufzugtür zum Restaurant Storstad im 5. Stock mitten in der Altstadt öffnet staunt man auch nicht schlecht. Da offenbart sich ein völlig anderes Regensburg als das, das man hinter Postenkarten, Dom und Bratwurst so erwartet.
Eine lichtdurchflutete Oase mit viel Holz, weißen Leinentischtüchern und Wohlfühlatmosphäre hat Anton Schmaus hier geschaffen, die bis ins letzte Detail stimmig ist. Zwei Dachterrassen protzen sowohl im Restaurant als auch im Barbereich mit Aussicht über die kitschige Regensburger Türmchen-Idylle. Die große Glasfront lässt sich aufschieben und den lauen Frühlings-Abend bis an die stilvoll und unaufgeregt gedeckten Tische dringen. “Storstad” meint “Großstadt” und wahrlich hat Regensburg mit diesem Restaurant mehr gastronomisches Glück als manch weit größere Stadt. Freilich zieht das schon nach wenigen Monaten nach der Eröffnung im Juni 2014 mit einem Michelin Stern ausgezeichnete Storstad Gäste auch aus München, Nürnberg und Passau an – aber auch die Regensburger lassen sich ein, auf die Großstadt-Bar und die Küche von Anton Schmaus.
Es ist ja nicht genug zu betonen, welche eine große Rolle die Atmosphäre bei einem Restaurantbesuch spielt. Und die hängt nicht nur von den Räumlichkeiten, sondern vor allem auch vom Service ab. Selten habe ich mich so locker, sympathisch und kompetent zugleich umsorgt gefühlt wie hier. Als Gast ernst genommen zu werden, sowohl vom Service als auch vom Sommelier, scheint selbstverständlich – ist es aber lange nicht überall. Bei Anton Schmaus und seinem Team hatte ich das Gefühl hier ebenso meinen Spaß haben zu dürfen wie über Essen und Wein zu philosophieren oder einfach nur gut zu Speisen und trotzdem immer gleichwertig willkommen zu sein. Dem in die Hände spielt auch die Karte des Storstad, die ebenso Degustationsmenüs wie auch á la Carte bereit hält und den Gästen so größtmögliche Flexibilität bietet. Die beliebte Bar des Storstad ist vom Gastraum zwar nicht sichtbar, aber nach dem Essen nur ein paar Schritte entfernt. Gerade an den Wochenenden dürfte die Bar-Atmosphäre in späteren Stunden auch ins Restaurant überschwappen und die Gäste anlocken, zb. mit der ziemlich ansehnlichen Gin-Auswahl.
Vor dem Essen hatte ich ich die Möglichkeit, ein bisschen mit Anton Schmaus zu plaudern. Wie er zum Thema Regionalität steht, was ihn inspiriert, was seine Wurzeln mit seiner Küche zu tun haben und welchen Wein er am Liebsten hat, erzählt er am besten selbst:
Der Küchenchef hat bayerische Wurzeln, wuchs in einem Familienbetrieb auf und hat im Laufe seiner Karriere einige Stationen rund um den Globus absolviert, bevor er wieder zurück nach Hause kam. Ein paar Monate mit seinem Vater im elterlichen Betrieb am Herd hätten ihn geerdet, nach Jahren in der gehobenen Küche, sagt Schmaus. In der Tat sind seine Gerichte zwar raffiniert aber nicht verkünstelt, kombinieren saisonale Zutaten mit exotischen Akzenten und erlauben auch Fleisch und Fisch in ihrer natürlichen Form auf den Teller zu gelangen. Jede Kreation hat Charakter, und zwar nicht zuletzt, weil die Anzahl der Komponenten erfassbar bleibt und die Würze merklich. Sauer, scharf, salzig, süß – all das nutzt die Gourmetküche vielerorts eher zögerlich – schön, dass das hier anders ist. Schon die kalte Guaven-Gurken-Suppe zum Amuse öffnet Augen, die Säure vom Apfel verträgt sich bei der Vorspeise vorzüglich mit der leichten Bitterkeit der Brunnenkresse und die BBQ-Sauce am Iberico darf sich guten Gewissens rauchig nennen. Die Weinauswahl zum Menü habe ich als sehr stimmig aber nicht anstrengend empfunden. Hier stand die Kombination mit den Gerichten im Vordergrund – nicht der Wein allein, so soll das sein. Schön auch, dass sehr viele deutsche Weine auf die Karte gefunden haben.
Das Menü
Thunfisch
Brunnenkresse / Apfel / Wasabi /Rettich
2012 Riesling Schieferterassen, Heymann-Löwenstein, Mosel
St. Petersfisch
Spargel / Kirschblüte / Umeboshi
2008 Myophorium, Johann Ruck, Franken
Iberico Schwein
Schwarzer Knoblauch / Mispel / BBQ
2011 Spätburgunder Reichestal GG, Künstler, Rheingau
Maibock
Bananenblüte / Grenadilla / Erdnuss
2012 Merlot S.E., Graf Neipperg, Württemberg
Topfen
Erdbeere / Zitronengras / Holunder
2013 Moscato d’Asti “Le Vigne Senza Nome”, Braida, Piemont
Die dritte Welle des Kaffees ist auch im Storstad gebrandet und um das vorweg zu nehmen: ich bin ein Fan. Dass das Storstad zu Anfangs zu kämpfen hatte, weil Espresso und Cappuccino auf der Karte fehlen, wundert mich nicht – umso beachtenswerter ist die Konsequenz, den Filterkaffee und nur den Filterkaffee auf der Karte zu behalten. Wie viele andere kulinarische Errungenschaften (man denke mal an Naturwein!) mag hell gerösteter, säurebetonter Kaffee zum Abschluss eines Menüs die Geister scheiden. Ich mag das – und das Team des Storstad auch. Anzubieten, wohinter man selbst am meisten steht, kann eigentlich nur richtig sein.
Restaurant Storstad
Watmarkt 5
93047 Regensburg
+49 941 5999 3000
www.storstad.de